Exhibitionismus ist der neue Chic auf den Kinoleinwänden. Wer Heutzutage als Regisseur etwas auf sich hält, zeigt echten Sex. Vorbei die Zeiten, in denen man dem Zuschauer vorgegaukelt hat, man würde sich der animalischen Lust hinzugeben. Mittlerweile wird schonungsloser Körpereinsatz von den Darstellern gefordert.

In einer Gasse vor seinem Wohnhaus liest der alternde Junggeselle Seligman (Stellan Skarsgård) eine blutüberströmte junge Frau auf und nimmt sie mit zu sich nach Hause. Dort erzählt ihm Joe (Charlotte Gainsbourg) aus ihrem Leben, von ihren Erfahrungen mit Männern und der unstillbaren, exzessiven Sucht nach Sex. Noch nicht erwachsen, geht sie gemeinsam mit einer Freundin auf Sex-Tour, verführt Männer in Wohnungen, Zugabteilen, Kneipen, Büros. Vom Blowjob bis zum Besuch im SM-Keller. In Jerome (Shia LaBeouf) findet sie eine konstante in ihrem Dasein, doch das Glück ist zerbrechlich.

Nach Antichrist (2009) und Melancholia (2011) präsentiert Lars von Trier mit Nymphomaniac den Abschluss seines „Triptychons der Depression“. Zugleich reflektiert er mit der Beichte einer Frau, die mit der eigenen Geschichte ringt, über die Suche nach Sinn und Balance im Leben. Ein zweiteiliger filmischer Entwicklungsroman von Erregung und Verzweiflung, Lust und Schmerz.

Doch wenn Lars von Trier, das Enfant terrible des europäischen Kinos, einen Film mit solchen Titel dreht, darf man ein bisschen Skandal erwarten.

Schon die 14 Filmplakate zu Nymphomaniac zeigen Stars wie Charlotte Gainsbourg, Uma Thurman, Shia LaBeouf und Willam Dafoe beim angeblich nicht gestelltem Orgasmus, schweißnass und mit ekstatischen Gesichtern.

Nicht minder exhibitionistisch wird es dann auch im Film, in dem Produzent Peter Aalbaek Jensen versichert: „ Der Sex in unserem Film passiert wirklich live vor der Kamera. Er ist nicht gespielt, sondern findet tatsächlich statt.“

So viel ist jetzt schon klar: Wenn Nymphomaniac ein Kassenschlager wird, dann nicht unbedingt wegen Lars von Trier, sein Stil trifft nämlich so gut wie nie den Massengeschmack. Wird Nymphomaniac  erfolgreich, dann gibt es wohl eine bisher ungestillte Nachfrage nach erigierten Penissen und feuchten weiblichen Körperöffnungen in Leinwandgröße – die es bisher nur in Pornos oder Independent-Streifen zu sehen gab.

Die neue Generation Filmemacher hat jedenfalls keine Lust auf gestelltes Hochglanz-Gebumse wie in Showgirls (1995), oder weichgespülte Orgasmen à laTitanic (1997). Das haut heute keinen mehr um. Sex, der hart ist, nicht durchchoreografiert und manchmal auch unästhetisch, hingegen schon.

 

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